„Hast du was bekommen?“
Nachdem sich 2020 der bundesweite Warntag als Totalblamage erwies, und 2021 gleich komplett ausblieb, wurde letzten Donnerstag ein erneuter Versuch gestartet. Und naja, Sie haben es ja selbst (nicht) mitbekommen: Es lief mehr als durchwachsen.
Das Fehlen von Sirenen wurde ja bereits 2020 breit moniert (vgl. KW 43 2020). In bürokratischer “Windeseile“ stellte das Innenministerium sofort ein Jahr später Fördermittel für Sirenen bereit (vgl. AZ D4-2253-19-6), vorausgesetzt sie sind bis Ende 2022 betriebsbereit.
Moment… “Ende 2022”, das ist ja… jetzt! Haben Sie was gehört? Ich nämlich auch nicht. Wenigstens wurde uns im Gemeinderat versichert, dass die Poinger Sirenen in absehbarer Zukunft einsatzbereit seien. Immerhin etwas.
Und dann mein Lieblingsthema Cell-Broadcast (CB), über das wir in der FWG auch schon vor 2 Jahren geschrieben haben. Bei einer nicht-repräsentativen Umfrage in meinem Bekanntenkreis ergab sich, dass 50% der Befragten letzten Donnerstag keinerlei Nachricht empfangen haben.
Dass es sich bei CB um eine “neue Technologie” handle ist Mumpitz: Er ist integraler Bestandteil der Mobilfunk-Spezifikationen seit GSM und hat bereits in den guten alten “Nokia 3210”-Zeiten bei uns wunderbar funktioniert. Im Ausland ist er als Warnsystem seit über 10 Jahren erfolgreich im Einsatz (vgl. Holland 2012) und wird sogar für die Suche nach vermissten Personen verwendet. Wer also behauptet, es sei eine “neue Technologie” ist nicht richtig informiert oder lügt bewusst.
Das Problem ist eher, dass dieser erprobte Standard 2020 in typisch deutscher Tradition mit zahlreichen Zusatz-Anforderungen versehen wurde, sodass seitens der Betreiber und Betriebssysteme neue Software eingesetzt werden musste. So muss der CB in Deutschland die Anforderungen des Modularen Warnsystems (MoWaS) erfüllen, was den Vorgang an sich stark verkompliziert. Als Resultat erfolgt also eher gar keine Warnung, als eine im falschen Format. (Ich hätte hier gerne ein entsprechendes PDF-Dokument des BBK/BNetzA verlinkt, es wurde aber zwischenzeitlich aus dem Internet entfernt. Ein Schelm wer böses denkt.)
Ich bin sauer. Sauer, dass wir in Deutschland nicht in der Lage sind, gute, einfache und erprobte Technologien einzusetzen; sauer, dass Probleme nicht gelöst, ja nicht einmal richtig benannt werden, und stattdessen immer noch mehr Vorschriften drauf geworfen werden; und sauer, dass wir auch nach zwei Jahren Blamage (inkl. Ahrtal-Desaster) eine so essenzielle Sache wie “Warnung vor Katastrophen” nicht gebacken bekommen. Das ist eine Katastrophe.